Eine Dystopie, die sich positiv von der breiten Masse abhebt und mit einer gut konstruierten Handlung überzeugt.
Die 16-jährige Callie verliert ihre Eltern, als eine unheimliche Infektion alle tötet, die nicht schnell genug geimpft werden – nur sehr junge und sehr alte Menschen überleben. Während die Alten ihren Reichtum mehren, verfallen die Jungen der Armut. Hoffnung verspricht die Body Bank, ein mysteriöses Institut, in dem Jugendliche gegen Geld ihre Körper verleihen können. Das Bewusstsein des alten Menschen übernimmt den jungen Körper für eine Zeit, um wieder jung zu sein. Doch bei Callie geht es schief: Sie erwacht, bevor sie erwachen darf – in einem Leben, das ihr völlig unbekannt ist. Anstelle ihrer reichen Mieterin bewohnt sie eine teure Villa, verfügt über Luxus im Überfluss und verliebt sich in den jungen Blake. Bald aber findet sie heraus, dass ihr Körper zu einem geheimen Zweck gemietet wurde – um einen furchtbaren Plan zu verwirklichen, den Callie um jeden Preis verhindern muss … Quelle
Schon lange habe ich keine Jugend-Dystopie mehr gelesen, die mir so gut gefallen hat. Das Buch von Lissa Price hebt sich wirklich positiv von der Masse ab: Eine gut konstruierte und überraschende Geschichte in einer realistischen Zukunftsversion, in der sich nicht alles um eine Liebesgeschichte dreht.
„Starters“ hat folgende Ausgangssituation: Die Welt hat sich nach einem verheerenden Krieg in zwei Teile gespalten: Die ältere Bevölkerung, die Enders, und die junge Bevölkerung, die Starters. Die Enders haben nicht nur gelernt, ihr Leben stark zu verlängern, sie streben danach, wieder ein junges Leben zu führen. Und eine neue Technologie macht dies möglich: Dabei werden die Körper der Starters als Wirte genutzt.
Die ganze Welt wirkte auf mich sehr realistisch konstruiert. An einigen Stellen hätte ich mir noch ein wenig mehr Input gewünscht. Zum Beispiel wurde angedeutet, dass die Enders körperlich nicht ganz auf der Höhe sind, trotz aller Lebensverlängerungsmaßnahmen. Dennoch wirkten sie bis auf wenige Ausnahmen doch sehr fit und wenig gebrechlich, wie man es eigentlich von Mitthundertern erwarten würde.
Was mir auch sehr gut gefiel, war die Einflechtung der „Zukunftskommunikation“, die Verwendung von Handys als Ortung, die Zurschaustellung einiger Leben im Netz und die alltägliche Nutzung von „Zings“. Das alles war nur nebenbei erwähnt, aber hat die ganze Welt sehr stimmig gemacht.
Auch die Liebesgeschichte kam für ein Jugendbuch herrlich unaufdringlich. Es wird deutlich, was Callie an Blake so faszinierend findet. Es ist wohl die Zurückhaltung verbunden mit der fremden Welt, die für sie so reizvoll ist. Auch an Blakes Interesse an Callie wird zu aller Zufriedenheit geklärt, sodass es keine reine „er ist so hübsch und toll und ich liebe ihn“-Beziehung ist.
Die Charaktere waren für mich gut konstruiert. Callie, die für ihren kleinen Bruder alles auf sich nehmen würde, Helena, die ihr Ziel unbarmherzig verfolgt, Madison, die den Körpertausch als reine Zerstreuung empfindet und das alles gar nicht weiter hinterfragt. Ein paar Charaktere blieben aber leider auch unscharf, wie Blake oder auch Michael, wobei man mit letzterem als Leser wohl auch einfach zu wenig Zeit verbringt.
Einer meiner wenigen Kritikpunkte setzt übrigens am Beispiel von Madison an: Warum hinterfragen die weisen Enders diese neue Technologie so selten? Sie ist zwar gesetzlich verboten, aber dennoch gibt es einige, die sie vollkommen naiv einsetzen. Auch der Umgang mit den Starters wird kaum hinterfragt, obwohl er doch eindeutig kritikwürdig ist. Andererseits hat die Geschichte bereits bewiesen, dass es Menschen immer wieder leicht fällt, wegzuschauen – warum sollte man von den Enders etwas anderes erwarten?
Aber nun wieder zurück zum Lob: Besonders gut gefiel mir das Ende des ersten Bandes. Es ist eine Kunst, einen Roman so zu beenden, dass der Leser zufrieden ist – ohne gemeinen Cliffhanger, der zum sofortigen Weiterlesen verleiten soll – und dennoch große Lust auf die Fortsetzung macht. So ein Ende wünscht man sich als Leser. Und gleichzeitig wird dort noch mit einer überraschenden Wendung aufgewartet, die alle vermeintlichen Logiklücken mit einem Schlag erledigt: Hervorragend!
Starters von Lissa Price ist als Taschenbuch beim Piper Verlag unter der ISBN 978-3-492-26932-2 erschienen.