Fangirl – Rainbow Rowell

Cath und Wren waren einmal unzertrennlich. Doch mit dem College wird alles anders: Wren möchte ihren eigenen Weg ohne ihre Zwillingsschwester gehen. Sie scheint perfekt in ihrem neuen Leben anzukommen – Cath geht es da ganz anders.

Cath ist ein Fangirl und der Reihe rund um den Zauberlehrling Simon Snow von Gemma T. Leslie verfallen. Die Harry-Potter-Anspielung springt einem dabei von jeder Seite entgegen. Wie der Zauberer aus der Feder von Joanne K. Rowling hat Simon Snow eine ganze Generation Leser geprägt. Cath ist eine davon: Sie verbringt jede freie Stunde damit, sich einen fiktiven letzten Band auszudenken und niederzuschreiben. Und das mit großem Erfolg, im Internet hat sie Leserzahlen im fünfstelligen Bereich.

Dabei ist Cath enorm schüchtern und unsicher. Es fällt ihr schwer, sich in unbekannte Situationen zu begeben. Statt sich also dem Studium zu stellen, vergräbt sie sich lieber in ihrer persönlichen Welt um Simon Snow. Ihre Zwillingsschwester geht das Studentenleben vom anderen Extrem an: Party steht für sie an erster Stelle. Cath bewundert ihre Schwester heimlich und leidet unter der Abweisung ihres Zwillings. Doch dafür lernt sie langsam andere Leute kennen, die sich unbemerkt in ihr Leben schleichen, allen voran ihre Zimmernachbarin Reagan, deren Freund Levi und Nick, den sie im Kurs für Kreatives Schreiben kennenlernt.

»Zieh deine Schuhe an«, sagte Reagan. »Ich zeig dir, wo die Mensa ist.«
»Nein.« Cath spürte schon, wie die Angst ihren Magen in nervöse kleine Stücke riss. »Es ist nicht nur das … Ich mag keine neuen Orte. Neue Situationen. Da sind so viele Leute, und ich weiß nicht, wo ich sitzen soll – ich will da nicht hin.«
Fangirl, Rainbow Rowell, S. 46

»Fangirl« ist ein ruhiges Buch. Wer einen Pageturner erwartet, ist hier falsch. Cath verbringt viel Zeit beim Schreiben und in ihrem Zimmer. Doch gleichzeitig passiert einiges in ihrem Inneren und sie (und auch Wren) machen eine unheimliche Wandlung durch. Sie beide lernen, was Erwachsenwerden bedeutet. Veränderung ist nichts Schlechtes, muss aber nicht erzwungen werden. Stück für Stück finden die beiden ihren eigenen Weg, wenn auch auf ganz unterschiedliche Weise.

Die Charakterzeichnung und vor allem die Entwicklung ist Rainbow Rowell sehr gut gelungen. Stück für Stück enthüllt sie die Konflikte, die Cath und auch Wren beschäftigen. Keiner ihrer Charaktere ist perfekt – und genau das macht sie so liebenswert und hebt sie von anderen Jugendbüchern ab. Die unvermeidliche Liebesgeschichte ist glücklicherweise auch kein Standard. Noch dazu sind die Dialoge humorvoll und der Schreibstil sehr unterhaltsam.

Auch wenn mir das Buch wirklich gefallen hat, hat mir etwas gefehlt. Für mich lag der Fokus zu stark auf zwischenmenschlichen Beziehungen und zu wenig auf dem Unileben. Besonders ab der Mitte des Buches scheint der studentische Alltag ganz zu verschwinden. Damit meine ich nicht, dass ich Cath gerne auf Partys gesehen hätte. Aber die Schilderung einer Vorlesung hätte mir ganz gut getan. So hatte ich tatsächlich das Gefühl, dass Cath gar nicht wirklich studiert, sondern nur … schreibt. Angeblich hat sie dabei aber top Noten! Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass sie gefühlt nur den Kurs im Kreativen Schreiben besucht hat.

Eine weitere Sache, die mich gestört hat, waren die vielen Textpassagen aus Caths Fanfiction und der fiktiven Romanreihe rund um Simon Snow. Ich kann mir nicht helfen, aber es hat mir keinen Mehrwert gegeben. Das Buch hätte auch ohne diese Ausschnitte gut leben können. Normalerweise mag ich solche Spielereien, aber sie müssen eben auch einen Sinn haben. Der ist mir hierbei nicht ersichtlich geworden.

»Fangirl« ist ein nettes Jugendbuch. Sehr angenehm zu lesen und mit einer guten Charakterentwicklung. Von mir gibt es eine Leseempfehlung für Leute, die eine ruhige Geschichte rund ums Erwachsenwerden suchen.

Andere Meinungen findet ihr bei Bücherquatsch, Tintenhain oder Kielfeder.

Der Roman ist beim Hanser Verlag als Hardcover unter der ISBN 978-3-446-25700-9 erschienen.

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