Giftflut – Christian von Ditfurth

Giftflut – Christian von Ditfurth

Nervenzehrend. So würde ich diesen Krimi beschreiben. Nervenzehrend vor Langeweile. In diesem Buch läuft so vieles falsch, dass ich gar nicht weiß, wo ich mit meiner Kritik anfangen soll …

Zum Inhalt: Alles beginnt mit drei Morden in Berlin, Paris und London. Die Leiter der städtischen Wasserwerke werden gemeinsam mit ihrer Frau tot in der Badewanne aufgefunden. Kurz danach wird die Oberbaumbrücke in Berlin in die Luft gesprengt. Weitere Angriffe in den anderen Städten folgen. Doch wer verfolgt damit welches Ziel? Die Ermittler sind ratlos.

Die Handlung tröpfelt vor sich hin. Endlose Seiten lang tappen die Ermittler allesamt im Dunkeln. Würde die Erzählung nicht ab und zu Richtung Gegenspieler schwenken, würde seitenlang nichts passieren. Und obwohl alle Ermittler so klug sind, durchschauen sie erst hundert Seiten vor Schluss, was hinter dem Ganzen steckt. Ich will jetzt nicht behaupten, dass ich ein ermittlerisches Genie bin, aber ich bin schon früher drauf gekommen. Umso länger ziehen sich die vielen Seiten in die Länge, in denen die Handlung nicht voranschreitet.

Die Charaktere sind allesamt blass und leblos. Hauptkommissar de Bodt ist das Abziehbild eines perfekten Ermittlers: Extrem intelligent, lässt seine Kollegen gerne im Dunkeln tappen, bereit Grenzen zu überschreiten. Im Privatleben läuft es nicht so gut, aber das wird nur knapp angedeutet. Seine Kollegin Salinger ist natürlich überaus attraktiv. Etwas anderes zeichnet sie kaum aus. Und Yussuf, der witzige Kollege von nebenan, dessen Herkunft ständig thematisiert werden muss. Warum eigentlich? Das hat mich am meisten geärgert. Komischerweise haben alle Charaktere den gleichen Humor und zitieren gerne Nietzsche und Kant. Toll, wie gut sie sich alle verstehen. Lediglich Salingers Eifersucht treibt kurzfristig einen Keil zwischen sie (womit wir bei der Klischeedarstellung einer weiblichen Ermittlerin wären).

Alle Personen, die weiter oben in der Rangfolge stehen, sind übrigens unfähig und nicht in der Lage, etwas ohne Hilfe des Kommissar de Bodt zu schaffen. Er hat als einziger den wahren Durchblick. Da fragt man sich, wie sie an ihre Posten gekommen sind, aber vermutlich Vitamin B oder so. Das würde in das eindimensionale Weltbild passen.

Auf der Seite der Bösewichte sieht es nicht viel besser aus. Alle bewegen sich wie Maschinen dem Plot entgegen, Emotionen gibt es keine. Dann ist da noch Jan, der Softwareinformatiker, der zum Racheengel wird. Diese Figur würde ich noch als interessant bezeichnen. Doch leider ist er zum einen komplett unrealistisch (noch nie eine Waffe in der Hand gehalten, aber natürlich kann er dennoch damit umgehen) und komplett überflüssig und hätte ebenso gut aus der Handlung gestrichen werden können. Ersatzlos. 150 bis 200 Seiten weniger.

Alles in allem trifft sich hier eine Ansammlung von Klischees. Die unfähigen Vorgesetzten? Check. Die gekaufte Polizei auf Palau? Check. Figuren, die unrealistisch über sich hinauswachsen? Check. Die Kaviar und Hummer essenden Hedgefond-Manager mit halbnackten Frauen? Check.

Vieles bewegt sich auch fernab der Logik. Landesgrenzen? Kein Thema. Was spielen die schon für eine Rolle? Da wünsche ich mir lieber einen realistischen Einblick in die Polizeiarbeit als eine seltsame Mischung, die sich irgendwo zwischen 007 und gähnender Langeweile befindet. Unangenehm fand ich auch die Anspielungen auf »die Kanzlerin«.

Und zu guter Letzt: Der Schreibstil. Abgehackte Eindrücke. Bedeutungsschwanger. Formieren sie sich auf den Buchseiten. Schwarz und weiß.
Kein Witz: In diesem Duktus ist das ganze Buch geschrieben. Die meisten Sätze sind keine vollwertigen Sätze, sondern Aneinanderreihungen von Wörtern. Das soll vermutlich besonders dramatisch und Spannung erzeugen sein, mich persönlich hat es nur gelangweilt und abgestoßen. Andererseits bin ich froh, dass die Satzfetzen nicht zu vollwertigen Sätzen wurden, denn dann wäre das Buch sicherlich noch einmal um gute 200 Seiten gewachsen.

Ich möchte aber auch noch etwas Positives schreiben. Die ganze Thematik des Buches ist natürlich komplex und hochaktuell. Die Welt wächst zusammen und Christian von Ditfurth zeigt genau das in seinem Thriller äußerst anschaulich. Terroranschläge in dieser Form sind heutzutage leider keinesfalls unrealistisch, ebenso wie die ziellose Suche nach den Verantwortlichen. Dennoch konnte mich die ganze Geschichte nicht ganz überzeugen, was leider primär an den vielen Randfaktoren lag, die ich oben ausführlich dargestellt habe.

Ich spreche sonst gerne Empfehlungen für Bücher aus, ordne ein, wem sie gefallen könnten. Doch bei diesem Buch fehlt mir dir Vorstellungskraft. Ich muss aber dazu sagen, dass der Thriller viele positive Rezensionen hat. Dennoch kann ich beim besten Willen keine Empfehlung aussprechen. Vielleicht passen wir einfach nicht zusammen.

Der Thriller ist bei Penguin unter der URL 978-3-328-10331-8 erschienen.

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